Allergien und die Therapie mittels Hyposensibilisierung

    Das Immunsystem unseres Körpers schützt uns vor Fremdstoffen, z.B. vor Bakterien und Viren, die in den Körper eindringen. Das Immunsystem entwickelt dabei unter anderem Antikörper, die mithelfen, diese Fremdstoffe unschädlich zu machen.

    Bei einer Allergie bildet das Immunsystem plötzlich Antikörper gegen Stoffe wie Pollen von Bäumen, Gräsern, Getreide und Kräutern, gegen Tierhaare, Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Insektengifte oder sogar Nahrungsmittel¸ sogenannte „Allergene“, die für den Körper eigentlich harmlos sind, aber bei bestimmten Menschen eine Allergie auslösen können.   Eine Allergie ist somit eine Überreaktion des Immunsystems. Eine der häufigsten Allergien ist die IgE-vermittelte Typ-I-Allergie vom Soforttyp. Bei dieser immunologischen Reaktion treten die Beschwerden innerhalb 20-30min nach Kontakt auf.

    Je, nachdem in welcher Körperregion sich diese Überreaktion abspielt, kommt es zu Augentränen, Augenjucken, Nasenlaufen, Stockschnupfen, Husten, Atemnot, Hautrötungen oder Juckreiz. Allergien gegen Nahrungsmittel können zusätzlich zum Anschwellen der Lippen, zu Zungenpitzeln, Juckreiz im Rachen, Bauchschmerzen und Durchfall führen.

    Diese Symptome können den Patienten deutlich in seinen Alltagspflichten einschränken und wirken sich negativ auf die Lebensqualität aus.

    Zur Therapie dieser Beschwerden gibt es verschiedene Medikamente. Mit diesen werden jedoch nur die Symptome behandelt. Die eigentliche Ursache der Allergie das auslösende Allergen ist aber damit nicht beseitigt. In erster Linie sollte deshalb der Kontakt zu dem verursachenden Stoff, gemieden werden. So müssen bei einer Hausstaubmilbenallergie z.B. Staubfänger wie Teppichböden, schwere Vorhände, Stofftiere, offene Regale usw. gemieden werden. Die Betten können mit sogenannten allergendichten Bezügen versehen werden. Bei Tierhaarallergien ist der Kontakt zu dem allergieauslösenden Tier zu meiden. Nicht selten ist aber das Meiden von Allergenen nicht möglich, wie zum Beispiel bei Allergien gegen Pollen, Insektengifte, Schimmelpilze und alle Hausstaubmilben.
    Hier kommt die sogenannte Hyposensibilisierung, früher Desensibilisierung   - heute auch spezifische Immuntherapie (SIT) oder „Allergieimpfung“ genannt - zum Einsatz.   Sie bewirkt, dass sich der Körper ganz langsam an den Stoff gewöhnt, der die Allergie auslöst. Dies führt im Immunsystem zu einer sogenannten Umstimmung: Das heißt das Immunsystem wird durch die Hyposensibilisierung so beeinflusst, dass es nicht mehr `überreagiert´, wenn es auf das Allergen trifft. Der Kontakt zu dem früheren Allergen führt zu keinen Symptomen mehr.
    Die Erfolgsquote hängt vom Allergen ab. Bei einer Hyposensibilisierung gegen Bienen- und Wespengift liegt die Erfolgsquote bei ca. 95%, gegen Pollen bei ca. 80-90%, gegen Milben bei ca. 70-80% und bei Schimmelpilzen 60-70%. Zudem konnte man feststellen, dass es bei Pollenallergikern, die eine Hyposensibilisierung durchführen, viel seltener zu einem sogenannten Etagenwechsel kommt - das heißt ein Wechsel von Nase (Heuschnupfen) zu Lunge (Asthma bronchiale). Des weiteren werden mit Pollen kreuzreagierende Nahrungsmittel gleich mitbehandelt.
    Die Hyposensibilisierungsbehandlung erfolgt entweder in Form einer Langzeit- oder Kurzzeit-Immuntherapie.
    Die Kurzzeit-Immuntherapie wird alternativ nur bei Pollenallergikern durchgeführt. Die Grundbehandlung ist dabei kürzer. Somit kann man einige Wochen vor der Pollenflugsaison mit der Hyposensibilisierung beginnen und zu Beginn der Pollenflugsaison bereits eine hohe therapeutische Dosis erreichen.
    Alle Hyposensibilisierung bestehen aus zwei Phasen. Die erste Phase, die   Grundbehandlung, erfolgt mit verschieden starken Allergenlösungen (Stärke 0,1,2,3 oder 0,A,B,C), die in ein- bis zweiwöchigen Anständen in ansteigender Konzentration in den Oberarm s.c. (subcutan) unter die Haut gespritzt wird. Die Grundbehandlung dauert bei der Langzeit-Immuntherapie mehrere Monate; bei der Kurzzeit-Immuntherapie wie bereits erwähnt kürzer - je nach Produkt nur 4 - 8 Wochen.
    Die zweite Phase, die Fortsetzungsbehandlung,   erfolgt mit einer individuellen Höchstdosis = Erhaltungsdosis. Bei der Therapie auf ganzjährige Allergene (Hausstaubmilben, Tierhaare, Schimmelpilze) wird die Erhaltungsdosis beibehalten. Sie wird alle 4 Wochen verabreicht. Bei saisonalen Allergenen wie den Pollen wird die Höchstdosis während der Pollenflugzeit individuell reduziert. Wird sie komplett ausgesetzt spricht man auch von einer sogenannten Intervalltherapie.
    Gerade bei Kleinkindern, bei denen keine Therapie mit Injektionen (Spritzen) durchgeführt werden kann oder Kindern und Erwachsenen mit einer Aversion gegen Spritzen, steht die sogenannte `sublinguale´ oder `orale´ Immuntherapie zur Verfügung.   In der 1. Phase   wird die Allergenlösung tröpfchenweise einmal täglich nach einem bestimmten Schema in steigender Konzentration unter die Zunge gegeben und dann geschluckt. In der 2. Phase wird die Erhaltungsdosis dreimal wöchentlich oder alternativ in reduzierter Dosis einmal täglich eingenommen.
    Es wird empfohlen, alle Hyposensibilisierungsbehandlungen über einen Zeitraum von drei Jahren (max. 5 Jahren) fortzusetzen.
    Die Hyposensibilisierung mit Tropfen kann bei Kindern ab dem 2. ten Lebensjahr und mit Spritzen ab dem 6.ten Lebensjahr durchgeführt werden.
    Die Hyposensibilisierung wird in der Regel sehr gut vertragen. Nebenwirkungen lassen sich meist nur während der Grundbehandlung beobachten. Am häufigsten entstehen 20-30min nach Injektion um die Einstichstelle eine lokale Schwellung, Rötung und Überwärmung. Sehr selten kann es nach der Injektion zu schweren allergischen Reaktionen des ganzen Körpers kommen (Jucken an Handtellern und Fußsohlen, Jucken im Rachen, Nesselausschlag und äußerst selten ein Kreislauf-Kollaps und allergischer Schock). Deshalb muss der Patient die erste halbe Stunde nach Injektion im Wartezimmer warten und darf die Praxis nicht verlassen.

Weitere Infos: Kreuzallergie